Bilaterale Beziehungen zwischen Deutschland und Liechtenstein
Politischer Partner
Die Bindungen zwischen Liechtenstein und Deutschland sind traditionell sehr eng. Eine gemeinsame europäische Geschichte, Kultur und die deutsche Sprache verbinden die beiden Länder seit Jahrhunderten. Dieser historische Band bildet die Grundlage für eine moderne, vertrauensvolle Partnerschaft, die heute durch einen intensiven und weitreichenden politischen Austausch auf allen Ebenen geprägt ist.
Die politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Liechtenstein sind durch zahlreiche bilaterale Kontakte in den unterschiedlichsten Bereichen geprägt. Ein regelmäßiger Austausch findet insbesondere in der Außenpolitik sowie in Fragen der Wirtschafts-, Innen- und Finanzpolitik statt. Die Regierungen beider Länder stehen in einem ständigen Dialog, sei es auf Ministerebene, in Expertengremien oder bei diplomatischen Treffen.
Auch zu den deutschen Bundesländern unterhält Liechtenstein intensive Beziehungen. Es bestehen zahlreiche direkte Partnerschaften, insbesondere im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich, die den Austausch weiter stärken und die Beziehungen über die Bundesebene hinaus vertiefen.
Neben der bilateralen Zusammenarbeit ist Liechtenstein fester Bestandteil des multilateralen Netzwerks der deutschsprachigen Länder - gemeinsam mit Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und Belgien. Dieses Format ermöglicht eine enge Abstimmung zu Themen von gemeinsamer Relevanz. Die regelmässigen Treffen auf Ebene der Staatsoberhäupter, Minister und Parlamentspräsidenten fördern ein koordiniertes Vorgehen in kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Fragen.
Als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ist Liechtenstein direkt in den europäischen Binnenmarkt integriert. Die rechtlichen Bestimmungen des EU-Binnenmarktes sind vollständig übernommen und in nationales Recht umgesetzt worden. Deutschland und Liechtenstein arbeiten in diesem Zusammenhang auch eng zusammen, zum Beispiel in den Bereichen Finanzmarktregulierung, Verbraucherschutz und Wettbewerbspolitik.
Diese enge europäische Einbindung unterstreicht Liechtensteins Überzeugung, dass zentrale Herausforderungen wie Sicherheit, Migration, demografischer Wandel, Klimawandel und Digitalisierung nur in enger Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarn entwickelt und nachhaltig bewältigt werden können.
Deutschland und Liechtenstein verbindet weit mehr als geografische Nähe und kulturelle Gemeinsamkeiten - es ist eine historisch gewachsene Partnerschaft, die von gegenseitigem Vertrauen, Verlässlichkeit und gemeinsamen Werten geprägt ist. Beide Länder setzen sich für die Stärkung multilateraler Strukturen, eine regelbasierte internationale Ordnung und den Schutz demokratischer Prinzipien ein.
In Zukunft werden Themen wie Nachhaltigkeit, Innovation, Digitalisierung und grenzüberschreitende Sicherheit noch stärker in den Fokus der Zusammenarbeit rücken.
Aktuelle Medienmitteilungen und offizielle Informationen zu den bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Liechtenstein werden auf der Website der Regierung veröffentlicht.

Gemeinsames Engagement für einen starken Multilateralismus

Deutschland und Liechtenstein arbeiten in den Institutionen der Vereinten Nationen (UN), des Europarates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eng zusammen. Ihr gemeinsames internationales Engagement steht im Dienst der Rechtsstaatlichkeit, der Achtung der Menschenrechte und der Stärkung der multilateralen Zusammenarbeit.
Zusammenarbeit im EWR
Seit dem Beitritt Liechtensteins zum EWR am 1. Mai 1995 sind Deutschland und Liechtenstein Teil eines gemeinsamen Wirtschaftsraums, in dem die vier Grundfreiheiten (freier Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr) uneingeschränkt gelten. Die gemeinsame Teilnahme Deutschlands und Liechtensteins am EWR ist wichtig für den wirtschaftlichen Austausch zwischen den beiden Ländern. Dies gilt sowohl für den Außenhandel und die grenzüberschreitenden Dienstleistungen als auch für die Mobilität der Arbeitskräfte.

Unterzeichnung des Vertrages in Porto am 2. Mai 1992 durch den damaligen Regierungschef Hans Brunhart
Ein weiterer wichtiger Meilenstein in den Beziehungen zwischen den beiden Ländern ist das Schengener Abkommen, das den freien Personenverkehr zwischen Deutschland und Liechtenstein ermöglicht. Das Abkommen wurde am 28. Februar 2008 von Liechtenstein, der Schweiz und der EU unterzeichnet. Für Liechtenstein ist es am 19. Dezember 2011 in Kraft getreten. Die Personenfreizügigkeit stellt nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht einen grossen Schritt in Richtung Liberalisierung dar, sondern stärkt auch den gemeinsamen Rechts- und Sicherheitsraum.
Enge Wirtschafts- und Handelsbeziehungen
Deutschland ist einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Liechtensteins. Es ist das wichtigste Herkunfts- und Produktionsland für nach Liechtenstein importierte Waren und gehört neben der Schweiz und den USA zu den drei grössten Absatzmärkten für liechtensteinische Industrieprodukte.

Quelle: Jahresbericht der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer 2024 (LIHK)
Auch bei den ausländischen Direktinvestitionen in Liechtenstein liegt Deutschland mit einem Investitionsvolumen von 6,16 Milliarden CHF im Jahr 2023 an erster Stelle.

Quelle: Direktinvestitionsstatistik der Deutschen Bundesbank 31.05.2024 (Deutsche Bundesbank)
Liechtensteinische Industrieunternehmen sind derzeit mit 42 Auslandsniederlassungen in Deutschland vertreten und beschäftigen zum 31.12.2024 rund 10.200 Mitarbeiter. Diese sind überwiegend in forschungsintensiven und innovativen Bereichen tätig.

In Bayern zum Beispiel stellen liechtensteinische Unternehmen mehrere tausend Arbeitsplätze in der Befestigungs- und Kommunikationstechnik zur Verfügung. In Baden-Württemberg befindet sich die Deutschlandzentrale eines führenden Unternehmens der Zahntechnik. In Thüringen beschäftigen liechtensteinische Unternehmen zahlreiche Arbeitnehmer in der Lebensmittelindustrie und in der modernen optischen Industrie. In Sachsen stellen liechtensteinische Unternehmen Arbeitsplätze in der Klimatechnik zur Verfügung.
Umgekehrt ist ein weltweit tätiger Industriekonzern aus Nordrhein-Westfalen einer der größten Arbeitgeber in Liechtenstein. Die grossen liechtensteinischen Industrieunternehmen schufen im Jahr 2024 rund 58'000 Arbeitsplätze im Ausland
6.liechtenstein investiert 4 % des BIP (rund 448 Mio. CHF) in Forschung und Entwicklung (2023), wobei die privaten Unternehmen über 97 % der Investitionen selbst beisteuern. Damit ist Liechtenstein eines der forschungsstärksten Länder in der OECD.
Liechtenstein als Arbeitsplatz / Forschungs- und Innovationsstandort
Der Anteil der Industrie an der Bruttowertschöpfung Liechtensteins ist mit rund 42% einer der höchsten weltweit. Entsprechend hoch ist auch der Anteil der Beschäftigten in diesem Sektor mit 34%.
Die liechtensteinische Wirtschaft ist stark von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt. Die Zahl der Unternehmen hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt, und die Unternehmensdichte ist heute entsprechend hoch: Auf 7 Einwohner kommt ein Unternehmen, während in Deutschland auf 24 Einwohner ein Unternehmen kommt.
Ausgeprägt ist auch die Innovationskraft des Wirtschaftsstandortes, was sich unter anderem in der hohen Zahl von Patentneuanmeldungen widerspiegelt.
Finanzplatz Liechtenstein / Bilaterale und multilaterale Steuerkooperation
Der Finanzdienstleistungssektor ist nach der Industrie der wichtigste Wirtschaftszweig. Ein langfristiger, auf Kontinuität und Nachhaltigkeit ausgerichteter Finanzplatz ist daher für Liechtenstein von fundamentalem Interesse.
Deutschland als stärkster Private-Banking-Markt in Europa ist zudem ein Standort mit einem stabilen wirtschaftlichen Umfeld und einer hohen Nachfrage nach individuellen Vermögenslösungen. Diese Bedingungen wissen auch die liechtensteinischen Banken zu schätzen: Zwei der grössten Institute haben ihre lokale Präsenz mit Niederlassungen in Frankfurt am Main, München, Köln, Düsseldorf und Hamburg ausgebaut und tragen damit zur Wertschöpfung in Deutschland bei.
Die enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen Deutschland und Liechtenstein wurde 2011 mit dem Abschluss eines umfassenden Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) gestärkt. Dieses Abkommen wurde 2021 an die Mindeststandards aus dem OECD/G20 BEPS-Projekt (Base Erosion and Profit Shifting) angepasst und enthält somit auch eine BEPS-konforme Missbrauchsbekämpfungsregelung. Die damit geschaffene Rechtssicherheit stärkt sowohl den Wirtschafts- als auch den Finanzplatz weiter. Liechtenstein setzt sich für volle Transparenz und internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich ein und war eines der ersten Länder, das den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA) eingeführt hat.
Liechtenstein unterstützt auch die Sanktionspolitik der EU und setzt deren restriktive Massnahmen im Lande selbständig um.
Kulturelle Beziehungen
Die gemeinsame deutsche Sprache ermöglicht einen vielfältigen Austausch zwischen deutschen und liechtensteinischen Künstlern, sei es in der Musik, der Literatur, der darstellenden Kunst oder der bildenden Kunst. So besteht beispielsweise seit 2012 eine enge Zusammenarbeit mit dem klassischen Kammerensemble der Deutschen Oper Berlin. Zu Ehren des liechtensteinischen Komponisten Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901), der einst Hofkapellmeister von König Ludwig II. von Bayern war, fanden mehrere Konzertreihen und Austauschkonzerte in Vaduz, München und Berlin statt.

Seit 1998 präsentiert Liechtenstein jedes Jahr die lebendige lokale Literaturszene auf den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig.
Im Jahr 2006 eröffnete Liechtenstein ein Künstleratelier in Berlin. Seither erhalten Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit, für mehrere Monate in der deutschen Hauptstadt zu leben und zu arbeiten. Dies hat den deutsch-liechtensteinischen Kulturaustausch weiter intensiviert.
Bildung
Das Fürstentum Liechtenstein ist im Bildungsbereich eng mit Deutschland verflochten - im Rahmen der D-A-CH-Kooperation beteiligt sich Liechtenstein regelmässig an Seminarreihen zu Themen wie Lehrerbildung, Digitalisierung und Anerkennung von Abschlüssen. Durch Programme wie Erasmus+ sowie Austauschplattformen (z.B. Eurydice) und das Partnernetzwerk der Universität Liechtenstein wird der bilaterale Austausch von Studierenden und Lehrenden aktiv gefördert, um die Mobilität und Bildungstransparenz in Europa voranzutreiben.
Ein Beispiel ist das Erasmus-Plus-Projekt "MEMO" zur Förderung der Mehrsprachigkeit, bei dem Institutionen aus Deutschland, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz zusammenarbeiten. Während die gymnasiale Ausbildung vollständig in Liechtenstein stattfinden kann, absolvieren viele Jugendliche ihre berufliche Grundausbildung im benachbarten Ausland, insbesondere in der Schweiz und in Deutschland. Die enge Verzahnung mit dem deutschen Bildungssystem und der D-A-CH-Struktur stärkt die Qualität und internationale Anschlussfähigkeit der liechtensteinischen Abschlüsse.
Nachhaltigkeit
Liechtenstein und Deutschland arbeiten in zahlreichen internationalen und regionalen Formaten eng zusammen, um gemeinsam den Herausforderungen des Klimawandels, des Umwelt- und Ressourcenschutzes zu begegnen. Im Rahmen der regelmässigen Treffen der deutschsprachigen Umweltminister, zuletzt im Juni 2025 in Vaduz, stimmen sich die beiden Länder in Fragen des Klimaschutzes, der Biodiversität und der nachhaltigen Entwicklung ab. Ein besonderer Fokus liegt auf grenzüberschreitenden Projekten wie der Renaturierung und dem Hochwasserschutz des Rheins, die von der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) und dem Programm "Rhein 2040" koordiniert werden. Beide Länder arbeiten gemeinsam daran, die Wasserqualität zu verbessern, Ökosysteme zu schützen und die ökologische Durchgängigkeit des Flusses zu gewährleisten.
Im Rahmen der Alpenkonvention und der Initiative "Allianz in den Alpen" arbeiten Liechtenstein und Deutschland mit anderen Alpenstaaten zusammen, um Projekte zur Anpassung an den Klimawandel, zu nachhaltigen Mobilitätslösungen, zum Schutz der Biodiversität und zum ressourceneffizienten Bauen zu fördern.

Alte Rheinbrücke Vaduz-Sevelen
Darüber hinaus arbeiten deutsche und liechtensteinische Organisationen im Rahmen von europäischen Programmen wie Interreg Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein eng zusammen. Die Zusammenarbeit konzentriert sich auf nachhaltige Mobilität, Forschung und Technologietransfer sowie soziale Inklusion, um die regionale Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz zu stärken.
Botschaften und Honorarkonsulate
Am 6. Mai 1952 nahmen Liechtenstein und die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen auf. Seit dem Jahr 2000 vertrat ein nicht-residierender Botschafter das Fürstentum Liechtenstein in Deutschland. 2002 wurde Josef Wolf als erster residierender Botschafter von der Regierung des Fürstentums Liechtenstein nach Berlin entsandt.
Aktuell ist Isabel Frommelt-Gottschald die liechtensteinische Botschafterin in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2008 gibt es zudem liechtensteinische Honorarkonsulate in München und Frankfurt.
Im Herbst 2021 wurde ein drittes Honorarkonsulat in Hamburg eröffnet, 2025 erfolgte die Eröffnung eines weiteren Honorarkonsulates in Düsseldorf.